Die Schülerinnen und Schüler der Evangelische Fachschule für Sozialpädagogik Alte Eichen in Hamburg wurde von der Evangelischen Schulstiftung in der EKD für ihr Vorhaben „Schüler_innen coachen Lehrer_innen“ im Rahmen des Projektes „Schule.Reformation.Demokratie.“ mit einer Förderung von 3.000 Euro unterstützt.

Von Uwe Baumann
Was mit einem mutigen Coaching-Projekt begann, wird den Schulalltag der Hamburger Fachschule für Sozialpädagogik Alte Eichen nachhaltig verändern. Denn mit der finanziellen Förderung der Evangelischen Schulstiftung in der EKD wurde nicht nur ein Teilprojekt, sondern eine ganze Schule samt Lehrerkollegium bedacht. Am Anfang stand die Frage: „Wo drückt der Schuh?“ – Schule sollte anders werden, Schülerinnen und Schüler wollten stärker in die Unterrichtsgestaltung einbezogen werden. Die Projektbewerbung bei „Schule.Reformation.Demokratie.“ war geboren. Mehr noch: Eine Initiatorengruppe, bestehend aus den Schülerinnen Merle Bredow, Clara Scholz, Sheila Steffens und Jacky Zeng, dem Schülervertreter Thomas Schmidt und Verbindungslehrer Tobias Milewski, formulierte erste Kritikpunkte zu Themen wie Partizipation und Methodenvielfalt im Unterricht. Allerdings kristallisierte sich im Verlaufe der Projektlaufzeit heraus, dass die etablierte Wissensvermittlung bereits viele gute Aspekte enthielt.

Zur demokratischen Struktur der Fachschule passte das geplante Coaching-Projekt jedenfalls ausgezeichnet. Solche Ansätze sind im Schulwesen immer noch beispielhaft und sollen ermutigen, neue Wege des Lernens zu wagen. In Hamburg beispielsweise mit fachlicher Begleitung durch das Referat Demokratiepädagogik des Landesinstituts für Lehrerbildung. Eine Konzeptgruppe, bestehend aus Schülern und Lehrern, arbeitete an einer Änderung des bestehenden Wahlpflichtkurssystems und auch für das Projekt „Schüler_innen coachen Lehrer_innen“ wurde Verstärkung geholt: Die Diplom-Sozialpädagogin Susanne Hoffmann-Michel vom Supervisionsnetzwerk stand der Initiatorengruppe zur Seite. „Sie sind als Schülerinnen und Schüler Experten darin, wie Unterricht für Sie gut ist. Nutzen Sie Ihre Rolle als Experten“, motivierte sie die Gruppe. Gemeinsam wurde das Coaching-Projekt zunächst als Wahlpflichtkurs vorbereitet, an dem Schülerinnen und Schüler aus sechs Klassen teilnahmen. Die Einstiegsfrage: „Was macht guten Unterricht aus?“ mündete schließlich in der Planung eines Coaching-Tages. Lehrer- und Schülerschaft sollten über Unterrichtsgestaltung diskutieren. Konkrete Ideen der Initiatorengruppe und der Wahlpflichtkurs-Teilnehmenden sollten präsentiert, Interviews zwischen Schülern und Lehrern geführt, im World-Café miteinander besprochen und konkrete Ziele verabredet werden. Die Schülerschaft wünschte sich, dass Verbesserungen nicht in Allgemeinplätzen untergehen oder am Ende eines mühevollen Prozesses verwässert werden sollten.

Das Projekt wurde ein Erfolg. Schüler und Lehrer blieben fair, nahmen jedoch kein Blatt vor den Mund. Anstrengend ist so etwas, das bestätigten die Teilnehmenden, außerdem soll der Prozess noch evaluiert und später fortgesetzt werden. Sicher wird das schulische Leben der Fachschule zügig einen Schub erhalten – ehrlich, reflektiert, professionell. „Mir hat der intensive Austausch mit den Lehrern sehr gut gefallen. Er ist ein sinnvolles Modell der beiderseitigen Rückmeldung“, beschreibt Schülerin Viviane Stoltze den Coaching-Workshop.

Rebecca Hillebrand, Lehrerin an der Fachschule fragt: „Schule anders denken? Müssen wir das oder kann auch alles bleiben wie es ist? Es läuft doch, oder?“ Und fügt kritisch hinzu: „Dies sind Fragen, mit denen wir uns im Schulalltag vielleicht seltener auseinandersetzen als nötig. Klar ist: Der Fortbildungstag hat gezeigt, dass Wunsch und Realität auseinanderklaffen.“ Und fast einem Lutherschen Thesenanschlag gleich, stellte sie fest: „Hier besteht Handlungsbedarf. Hier müssen wir uns (unbequemen) Wahrheiten stellen, für mehr Gleichberechtigung sorgen, Transparenz und Partizipation ermöglichen. Hier müssen wir Schulentwicklungsprozesse miteinander in Gang setzen und Schule anders denken.“

Künftig werden an der Evangelischen Fachschule Fragen wie „Was macht den Unterricht interessanter?“ weitgehend gemeinsam beantwortet, so der Plan. Die Fachschullehrerin Beate von Reinersdorff sagte abschließend: „Jeder von uns war in Bewegung, jede hörte aufmerksam zu.“ Wurde es nicht allzu persönlich? Nein, es sei nicht um Kritik gegangen. Beate von Reinersdorff: „Es flossen Wertschätzung und gegenseitiger Respekt. Am Ende haben wir ein Ziel formuliert, das in acht Wochen umsetzbar ist. Für uns wird es ein neu zu installierender Lehrersprechtag sowie die Auseinandersetzung mit unserer Rolle als Lehrkräfte sein.“ Sowohl Schüler- als auch Lehrerschaft wollen als gleichberechtigte Partner gemeinsam das Lernen an der Fachschule gestalten. Beate von Reinersdorff sprach aus, was die meisten dachten: „Ja, mehr davon!“

21 Schulen haben sich für das Förderprogramm„Schule.Reformation.Demokratie.“ beworben. Insgesamt wurden vier Schulen mit je 3.000 Euro gefördert. Die Kommission setzte sich aus dem Vorstandsmitglied Wolfgang von Rechenberg, der Pädagogischen Geschäftsführerin Dr. Annerose Fromke, dem Stiftungsvorsitzenden der Schulstiftung in der Nordkirche, Kai Gusek, zwei Studierenden der Evangelischen Hochschule Berlin und Ferdinand Kiderlen, Schulleiter der Evangelischen Sekundarschule Magdeburg, zusammen. Am 19. Januar 2018 kamen alle Bewerber und die Gewinnerschulen zu einem „Fachtag Demokratie“ in der Bundesakademie für Kirche und Diakonie in Berlin zusammen

Text von Uwe Baumann/ESS EKD