Wenn Schmandkuchen auf Bildungspolitik trifft / Ansehen der Erzieherinnen und Erzieher in Deutschland im Fokus
Osnabrück, 16. Februar 2016. Haben Sie schon einmal versucht, ein rohes Ei hinzustellen? Oder wissen Sie, was eine Erzieherin oder ein Erzieher den ganzen Tag macht? Der Tag der offenen Tür, den am Samstag hunderte Besucher in den Evangelischen Fachschulen Osnabrück (EFS-OS) verbrachten, lud zu zahlreichen Experimenten, Mitmachaktionen und Diskussionen ein. Zugleich bildete diese Veranstaltung den Abschluss der Projekttage: Insgesamt 23 Projektgruppen stellten ihre Arbeiten vor, in denen es insbesondere um die vielen Facetten des Erzieherberufs, berufspolitische Aspekte und das Ansehen in der Gesellschaft ging.
Schulleiterin Ulrike Kläfker führt aus: „Es ist wirklich spannend zu sehen, was die Studierenden in den vergangenen Tagen diesbezüglich erarbeitet haben, wie auch schwierige Fragen mit hoher Qualität und sehr reflektiert bearbeitet wurden. Die gesellschaftliche Bedeutung der Arbeit von Erzieherinnen und Erziehern ist angesichts des Fachkräftemangels in Deutschland extrem wichtig: Denn eine verantwortungsbewusste, kompetente und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung der Kinder zwischen null und zehn Jahren ist die Grundlage für die Berufstätigkeit ihrer Eltern. Zudem steigert eine frühe Förderung aller Kinder auch die Bildungsgerechtigkeit.“ Damit nicht genug: Außerdem entwickle und stärke die Achtung und Umsetzung von Kinderrechten ab Krippenalter die Demokratie und demokratische Haltung. Erzieherinnen und Erzieher müssten ihren Beitrag zur Gesellschaft deutlicher und selbstbewusster zeigen und ihr gesellschaftliches Ansehen verbessern. Wie dies realisiert werden kann, zeigten die Schülerinnen und Schüler der EFS am Tag der offenen Tür.
Während im Untergeschoss der Schule das Workshopteam „Schwarzlichttheater“ das Publikum mit weißen Handschuhen, bunten Bechern, einem Regenschirm und viel Fantasie begeisterte, gab es im Nebenraum die Möglichkeit zu zeichnen, Rahmen aus Ästen zu bauen oder an mathematischen Aufgaben zu knobeln. Ein Stockwerk höher konnten sich Interessierte, Eltern und Schüler über die Ausbildungswege für Erzieher, Sozial- oder Heilpädagogen informieren. Gleich nebenan lud das Cafeteria-Team zu Nudelpfanne oder Schmandkuchen ein. Ein Oberthema durchzog alle Klassen und Projektergebnisse. „Der Erzieherberuf ist viel vielschichtiger und anspruchsvoller als so mancher denkt. Deshalb ist es uns so wichtig, über das Bild und das Ansehen dieses Berufs zu informieren, das Bewusstsein zu stärken“, berichtet ein Schüler der Unterstufe. Von der Krippenbetreuung bis zu aktuellen Herausforderungen wie der Flüchtlingssituation müssen sich Erzieher heute vielfältigeren Aufgaben denn je stellen und sich entsprechend qualifizieren. Sie leisten einen essentiellen Beitrag. In den einzelnen Projektgruppen wurden Aspekte wie diese aufgegriffen, indem die Studierenden über die Beschäftigung mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen informierten, mehrsprachige Kinderliteratur mit einbezogen, kulturelle Vielfalt berücksichtigten sowie Bereiche diskutierten, die zur Integration beitragen und einen schnellen Zugang in Gemeinschaften ermöglichen.
Krippenausbau, Fachkräftemangel und Inklusion sorgen zwar dafür, dass Erzieherinnen und Erzieher immer wieder für Gesprächsstoff sorgen. Dennoch hat so mancher eine falsche Vorstellung, welche Aufgaben in den Kitas, Horts und Wohnheimen der Republik Tag für Tag erledigt werden müssen. Über diese Schere zwischen Berufsbild und Realität informierte die Projektgruppe „Imagekampagne“ beispielsweise mit Postern und unterhaltsamen Kurzfilmen. Das Team „Ich bin ich und Du bist Du“ regte mit eindrucksvollen und individuellen Reisepässen zum Nachdenken über Flüchtlingsthematik und Individualität an. Hinzukamen Hip Hop- und Zumba- sowie Comedy-Einlagen ebenso wie eine Bücherausstellung, ein Flohmarkt zugunsten der Flüchtlingshilfe Bad Essen, Schutzengelbasteln und Mathematikausstellung. Vor dem Schulgebäude informierten Schülerinnen und Schüler über das Angebot des Waldkindergartens. Gäste, Familien und Co. konnten Hüpfekästchen oder Wikinger-Schach ausprobieren.
In ihrer Begrüßungsansprache berichtete Schulleiterin Kläfker: „Die Zahl der Auszubildenden in unserem Bereich ist in den vergangenen acht Jahren um 72 Prozent gestiegen. Abbrüche und Schwund im Rahmen der Ausbildung sind mit neun Prozent extrem niedrig. Von den Neustartern wird eine große Allgemeinbildung ebenso erwartet wie Wandlungsfähigkeit, Engagement, Organisationstalent, Empathie und vieles mehr.“ Kläfker fügte hinzu, dass sich die diesjährigen Projekttage durch eine sehr gute Stimmung ausgezeichnet hätten. Zudem habe jeder eines der Projekte bekommen, das er oder sie sich wirklich gewünscht habe. „Positiv hervorzuheben ist außerdem, dass sich wieder sehr gute Kontakte zwischen den einzelnen Klassen und Stufen gebildet haben.“ Egal ob Voll- oder Teilzeit, Vormittags- oder Abendklasse: Alle Studierenden seien mit Feuereifer bei der Sache: „Selbst die Klasse, die erst am 1. Februar gestartet ist, hat schon einen Beitrag geleistet und einen Schnellstart hingelegt.“
Schülerin Rada aus der O1 war in diesem Jahr Teilnehmerin des Kunstprojekts „Schule der Empathie“. Neben einem Besuch der Kunsthalle sowie der Ausstellung der kolumbianischen Künstlerin Maria José Arjona „You are splendid!“ hatten die Schülerinnen und Schüler hier die Möglichkeit, das Thema Empathie und Wahrnehmung zu erkunden. Rada führt aus: „Nehmen wir das Beispiel ,Ei’. Auf den ersten Blick sehen Eier doch irgendwie immer gleich aus, oder? Wenn man sich aber länger mit ihnen beschäftigt, sie in die Hand nimmt, ihre Besonderheiten kennenlernt, dann wird schnell klar: Sie sind alle etwas ganz Besonderes – so wie wir Menschen auch. Und wer sich ein wenig Zeit nimmt, schafft es auch, ein Ei hinzustellen.“
Über die Evangelischen Fachschulen Osnabrück (EFS-OS)
Die Evangelischen Fachschulen Osnabrück (EFS-OS) sind eine der modernsten staatlich anerkannten Fachschulen für Sozialberufe, in denen lebendiges Lernen praktiziert wird. Als Ausbildungsstätte in evangelischer Trägerschaft werden neben fachlichen Ausbildungsinhalten Grundlagen christlichen Glaubens und Handelns vermittelt. In ihrer langjährigen Geschichte haben die EFS-OS die sich häufig verändernden Anforderungen an Erzieherinnen und Erzieher fortwährend in ein modernes Ausbildungsprofil umgesetzt. Die staatlich anerkannten Ausbildungen entsprechen der „Verordnung über Berufsbildende Schulen“ im Land Niedersachsen. Es werden Ausbildungsgänge in den folgenden Schulformen angeboten: Berufsfachschule Sozialassistenz, Fachschule Sozialpädagogik sowie Fachschule Heilpädagogik. Zudem bieten die EFS-OS Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu aktuellen berufsbezogenen Themen.
Kontakt: Schulleiterin Ulrike Kläfker
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